„Mehr Sichtbarkeit für den Frieden“ lautet die Überschrift eines Artikel von Frank Möller auf freelens.com.

An einem Foto zeigt er die Problematik auf und fragt: „Ist es schon Friedens- oder noch Kriegsfotografie, wenn Puppenspieler Kinder in einem Ruinenfeld beglücken, wie hier im März 2019 im von Rebellen gehaltenen syrischen Ort Saraqib in der Provinz Idlib?“

Eine gute Frage.

Frank Möller weiß, was er schreibt und bringt uns gedanklich dann auch in das Problem: „Mein Plädoyer für Friedensfotografie ist kein Plädoyer gegen Kriegsfotografie, sondern der Versuch, die Beschäftigung mit der Fotografie um zwei Fragen zu erweitern, die in Theorie und Praxis eher am Rande behandelt werden: wie kann Frieden fotografisch dargestellt werden und wie können solche Darstellungen zum Frieden beitragen? Beide Fragen sind nicht einfach zu beantworten, weil es keinen allgemein gültigen Friedensbegriff gibt, auf den Fotograf*innen zurückgreifen könnten: Vom negativen Frieden (der Abwesenheit organisierter, physischer Gewalt) bis zum positiven Frieden (der alles umfaßt, was gut und wünschenswert ist) konkurrieren viele verschiedene Ansätze miteinander. Friedensfotografie kann deshalb nur als die Summe der Vielzahl unterschiedlicher fotografischer Ansätze verstanden werden, die ein bestimmtes Verständnis vom Frieden reflektieren.“

Welche Fotos wirken und welche Fotos sind verkaufsfähig?

Eines der bekanntesten und sicherlich verkaufsfähigen Fotos seiner Zeit mit überzeitlichem Motiv ist das Foto von Ursula Meissner mit Vedran, der Cellist in den Ruinen von Sarajevo.

Das ist ein Friedensfoto im Krieg.

Aber jeder Krieg hat seine eigenen Fotos.

Daher ist das Foto von Amer Alhamwe/AFP/Getty Images  bei freelens.com in dem Artikel von Frank Möller ein neues Friedensfoto.

Was aber viel wichtiger ist, ist die Frage nach der bewußtseinsgestaltenden Funktion von Fotos im Kopf.

Möller fragt auf Seite 4 in seinem Buch Peace Photography unter Verweis auf Die Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss, welchen Wert das Anschauen von Fotos hat, wenn das Ergebnis ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit ist.

Eine gute Frage, die für mich auch den Schlüssel darstellt, um neu sehen zu lernen auf Motive.

Natürlich geht es auch darum, das zu dokumentieren, wo viele einfach weggucken oder nicht hingucken. Das ist ja auch die klassische soziale Fotografie.

Aber es geht ebenso darum, das Licht am Ende des Tunnels zu zeigen.

Das gilt übrigens nicht nur für Kriege sondern auch für die Konflikte vor Ort. Möller verweist darauf, daß Frieden immer im Zusammenhang gesehen werden muß und daher situationsabhängig ist.

„Peace photography can contribute to peace by shifting attention from violence to peace, from war cultures to peace cultures.“

Friedensfotografie kann zum Frieden beitragen, indem sie die Aufmerksamkeit von Gewalt auf Frieden, von Kriegskulturen auf Friedenskulturen lenkt, lautet der obige Satz auf Deutsch.

Es geht also konkret darum, den Blick auf das zu lenken, was zur Befriedung führt und nicht auf den Friedhof.

Möller bringt später den Begriff Herrschaftswissen ins Spiel mit den Namen Krippendorf und Shapiro, um darauf hinzuweisen, daß wirkende Fotos eher zum Stabilisieren vorhandener Machtstrukturen und Interessen genutzt werden, aber es kein Interesse gibt, das andere Denken durch andere Fotos zu zeigen.

Er zeigt an Beispielen über die Nachwirkungen von Kriegen und Konflikten in Fotos, wie man Erinnerungen fotografieren kann, wobei Capa Menschen in neuen Situationen fotografierte und andere Beispiele eher Relikte wie Treppen und Stiegen aus Vernichtungslagern und Folterkammern zeigen.

Sein Buch endet mit einem dicken Kapitel über Visual Culture und das führt meiner Meinung nach direkt zur Aufforderung, die Matrix zu verlassen und sich auch mit Anti-Fotojournalismus und neuen Diskussion des Fotojournalismus zu beschäftigen.

Denn wenn Bilder Waren sind, dann braucht man Käufer für Friedens Fotografie und man braucht Kriterien, wie solche Fotos aussehen können.

Dazu fällt mir an erster Stelle der Alfred Fried Photo Award ein. Am Besten schaut man sich einfach mal die Gewinner und die Beiträge an.

Aber das ist natürlich nicht genug. Es müsste neues Sehen geben, das nicht die Friede-Freude-Eierkuchen Welt von Adobe und die existierende globale visuelle Kultur unterstützt sondern anderes zeigt – in den vorhandenen Machtstrukturen.

Aber wenn im Kopf sich dieses Thema verankert, dann ändert sich auch der Blick – denn man sieht nur, worauf man achtet.

Hier beginnt die Debatte um Fotos als Ware und wer Fotos kauft.

Das führt natürlich zurück auf die wesentlichen Fragen.

In diesem Sinne