Heute sehen wir das Lächeln der Henker täglich. Die Terroristen der IS im Gebiet von Syrien und dem Irak nutzen alle digitalen Kanäle, um uns triumphierend ihr Grinsen über abgeschlagene Köpfe und ermordete Zivilisten zu zeigen.

Oder wie hier verlinkt sieht man aktuell (bei 2:10 Minuten) einen gekreuzigten Mann, der tot an der Strasse aufgestellt wird und die Kinder und Passanten filmen ihn mit ihren Smartphones.

War das immer schon so?

Anton Holzer hat mit dem Titel „Das Lächeln der Henker“ diesen unbekannten Krieg gegen die Zivilbevölkerung für die Zeit von 1914 bis 1918 aufgearbeitet. Das Buch ist zwar schon 2008 erschienen aber gerade heute für substanzielle Aussagen über das Verhalten von Menschen bedeutender denn je.

Denn es ermöglicht den Blick in die Geschichte, um sachgerechte Aussagen darüber zu treffen, woher die Wurzeln dieses Übels kommen und was man dagegen tun kann.

Wenn wir also 2014 dieses hochinteressante Buch aufschlagen, dann sehen wir die heutigen Terroristen in anderen Verkleidungen mit anderen Argumenten dasselbe tun.

Nur nicht 2014 sondern 1914.

Damit möchte ich einen Blick auf den intellektuellen Kern des Buches werfen.

Anton Holzer zeigt an Fotos, wie damit 1914-1918 Propaganda gemacht wurde.

Er nimmt als Beispiel ein Foto mit sechs durch den Galgen hingerichteten Männern.

Sie wurden von Ernst Friedrich als Opfer der österreichischen Kriegsjustiz identifiziert und etwas später in einem anderen Buch als „Verräter“ gebrandmarkt.

Bilder und Wahrheiten sind eben so eine Sache, insbesondere in Zeiten des Krieges.

So führt uns der Autor an verschiedenen Themen vor, wie die Lust am Mord begründet wurde und wie systematisch dies geschah.

Das Buch ist schon mehrfach nach seinem Erscheinen rezensiert worden.

Aber damals wußte keiner, was heute geschieht.

Dadurch erhält das Buch eine besondere Bedeutung, wenn man sich mit Geschichte und Gegenwart dieses Themas beschäftigen will.

Das Ermorden der Zivilbevölkerung mit fadenscheinigen Begründungen politischer oder religiöser Art ist keine Frage des Islams oder des Christentums sondern eine Frage der Möglichkeiten.

Wenn ein System es ermöglicht oder ein Machtvakkum ohne staatliche Gewalt existiert, dann regieren die Waffen und das Recht des besser Ausgerüsteten.

So war das immer und so ist es immer noch.

Der Versuch des Menschen, dies zu regulieren durch Menschenrechte, Demokratie und Freiheit, ist immer dann am Ende, wenn es diese Rechte und die soziale Teilhabe nicht gibt oder deine Freiheit zum Verhungern führt.

Wenn es nicht einfach Bösartigkeit ist, dann ist Hass oft unerwiderte Liebe.

Ungerechtigkeit ist oft das Ergebnis von Gier und Fanatismus oft die einzige Hoffnung. Bildung hilft die Ungerechtigkeit durchschauen zu lernen.

Aber wenn neoliberale Freiheit zur sozialen Unfreiheit führt und Menschen ohne Perspektive rumhocken, dann suchen sie sich neue Wege.

Das wird übrigens in Europa noch zum Problem werden, weil immer mehr junge und ältere Menschen keine Arbeit haben und ins soziale Elend fallen, durch Hartz4 und noch darunter.

Die Kunst des Ausgleichs ist daher das Geheimnis des Friedens und der Diplomatie.

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Anton Holzer hat es geschafft, detaillierte Untersuchungen im Rahmen der gefundenen Materialien durchzuführen.

Einige Fotos aus dem Buch finden sich auf spiegel.de und zeigen, daß sich nichts geändert hat und die Sieger die Geschichte schreiben.

Hier kam es nur durch den fotografischen Zufall ans Licht.

Aber welchen Stellenwert hat historische Wahrheit und moralische Überlegenheit im Angesicht von Macht und Gewalt?

Das Buch ist aktuell und gerade aus seiner geschichtlichen Perspektive heraus gut für die Einschätzung der gegenwärtigen Situation.

Macht wird nur durch Gegenmacht begrenzt.

So ist dieses Buch unfreiwillig ein besonders gelungener Spiegel für die Gegenwart und die Frage, was man tun kann, wenn man etwas tun will.

Da es aber ein Buch über Fotografie ist und sich mit dem Dokumentierten beschäftigt, möchte ich mit dem Auszug aus dem Gedicht von Johannes R. Becher hier diesen Text beenden, den auch Holzer im Kapitel Pornografie der Gewalt zitiert hat:

Und auf des Toten Schild die Schrift erscheint:

„Ich habe die Mörder hier im Bild vereint.

Sie lächeln um den Galgen rings im Kreis.

Sie lächeln selbst sich zu dem Schuldbeweis.

Und damit keiner seinen Platz verlässt,

halt ich sie alle hier im Bilde fest!“

 

Das Buch ist im Primus-Verlag erschienen.

Sonderausgabe 2014 (2., überarb. Aufl.), 244 S. mit ca. 114 s/w-Abb. und 2 farbigen Karten, gebunden mit Schutzumschlag
Format 21,0 x 27,0 cm
ISBN 978-3-86312-063-4