„Ich denke, Fotojournalismus kann nur dann noch seine Berechtigung haben, wenn man als Fotograf die eigene Situation mit einbezieht. Man ist nicht der Außenstehende. Dafür aber muss man sich seiner Bildsprachen bewusst werden und sie zu dem jeweiligen Thema ins Verhältnis setzen.“

Dieser Satz machte mich neugierig auf einen Fotografen, der offenkundig mehr zu sagen hatte als ein normaler Fotoreporter.

Ist man noch Fotoreporter wenn man so denkt? Ist dieser Ansatz neu oder so aktuell wie noch nie? Ist es engagierte Fotografie oder ist es mehr oder weniger oder anders?

So entdeckte ich bei Hatje Cantz das Buch World Wide Order von Julian Röder und hoffte, darauf Antworten zu finden.

Ich wurde nicht enttäuscht.

Es ist ein großes Buch mit großen Themen und vielen kleinen Leuten, die sich nicht alles gefallen lassen wollen und Menschen, die reich und mächtig sind.

Wenn es aktuell ein Fotobuch gibt für das Thema Masse und Macht in der Politik heute, dann würde ich dieses Buch wählen.

Die Proteste gegen den G8 Gipfel, die Waffenmesse, die Hightec Ausstellung –  es sind alles Massenereignisse, die zusammenhängen. Auf der Messe werden die Waffen an die Mächtigen verkauft, die damit die Proteste der Bürger zusammenprügeln aber auch Menschen schützen, nicht immer nur die Mächtigen.

Es schwingt auch das Thema Demokratie mit und ich höre die Stimme des Volkes.

Bei Hatzje Cantz ist mit World Wide Order ein aufwendig gestaltetes Buch von Julian Röder erschienen, das verschiedene Serien mit Hochglanzfarbfotos präsentiert, die von verschiedenen Artikeln begleitet werden.

Das Format stimmt und die Inhalte sind erzählerische Blicke auf soziale Situationen von heute. Es sind aber Fotos, die aneinandergereiht etwas erzählen. Ist es Reihung, ist es Konzept – es ist, was es ist. Es ist gut.

Nah dran ist man heute mit jedem Smartphone, daher ist die Distanz oft der bessere Blick, weil Zusammenhänge sichtbar werden.

„Ich hatte die Vorstellung, dass ich dieser globalisierungskritischen Bewegung ihre Bilder geben kann“, sagt Julian Röder an einer Stelle im Buch.

Der Satz wirkt weit und lädt zu vielen Fragen ein.

Das ist ja kein klassischer Fotojournalismus mit Ereignisfotos, der eine Szene ablichtet und diese dann in der Presse aktuell nutzt.

Dieses Feld wird heute eher von den sozialen Netzwerken besetzt.

Es ist eher ein persönlicher Blick auf die Ereignisse, der dazu führt, bei einem Ablauf oder Ereignis das Ereignis mit seinem persönlichen Erleben dieser Situation festzuhalten oder mit einem persönlichen Blick durch Standpunkt, Cadrage und Zusammenhang.

Es ist bewußt subjektiv und dokumentierend und dadurch authentisch.

Schwer in Worte zu fassen aber hoffentlich verständlich.

Vielleicht ist dieses Ereignisfotos überschreitende und damit kombinierende (konstruierende) Vorgehen die neue Form von Fotojournalismus – wenn man nicht auf die Bezahlung sondern auf die berichtende Dokumentation blickt.

Insofern halte ich das Buch von Julian Röder für einen kleinen Meilenstein bei der Diskussion über diese Frage und die möglichen Antworten zur Zukunft der sozialdokumentarischen Fotografie.

Erstklassige Fotos, erstklassige Serien, erstklassige Dokumentarfotografie in einem erstklassigen Buch.

Und bei Hatje Cantz erschienen.

Julian Röder
World Wide Order

Text von Julian Röder, Texte von Matthias Flügge, Elisabeth Giers, Sean O’Toole, Kolja Reichert, Gestaltung von Maria M. Koehn

Deutsch, Englisch

2014. 132 Seiten, 74 Abb.

24,80 x 31,60 cm
gebunden

ISBN 978-3-7757-3855-2