„Wem hilft es, wenn Fernsehnachrichten das Grauen des syrischen Bürgerkriegs zeigen?“ Mit dieser Frage beginnt ein Artikel auf faz.net. Die Autorin Charlotte Klonk ist Professorin für Kunst und neue Medien.
Konkret geht es um eine Video aus Syrien, das im Heute-Journal gesendet wurde. Im Laufe ihres Artikel formuliert Frau Klonk den Satz “ Im Gegenteil, die Ermordung setzt oftmals die Kamera voraus und wird für sie in Szene gesetzt. Dies war bei den Enthauptungsvideos aus dem Irak der Fall und trifft vermutlich auch für die jüngsten Hinrichtungsvideos aus Syrien zu.“
Ich will dies nicht weiter wiedergeben, weil sonst bei faz.net nach dem Leistungsschutzrecht geschrien würde. Aber ich gebe der Autorin und der FAZ durch den Hinweis hier die Chance, dass mehr Menschen dies dort lesen. Das hat natürlich einen Grund.
Die Autorin kommt zu dem Schluß, dass man im Heute-Journal das Video nicht hätte senden dürfen wegen der Menschenwürde der Opfer und wir als Konsumenten sollten uns solchen Bilder verweigern durch „Konsumentenboykott.“
Danke FAZ
Ich möchte der FAZ für diesen Artikel und deren Veröffentlichung ein herzliches Dankeschön aussprechen. Ich habe selten Ausführungen für die mediale und letztlich auch politische Lebenspraxis gelesen, die so weit weg von der Wirklichkeit sind – es sei denn, man will eine schöne neue Welt…
Würde man dies zu Ende denken, dann sollte über grausame Realität nicht mehr berichtet werden. Stattdessen noch mehr Sonntagsreden von Politikern? Hilfe!!!
Neue Medien machen möglich was früher unmöglich war, nämlich die Aufnahme vor Ort zu einem Zeitpunkt, der früher nicht hätte gefilmt werden können. Die Handyreporter/Bürgerreporter sind da und ersetzen z.T. schon professionelle Journalisten. Und deren Bilder, bewegt und unbewegt, zeigen Dinge, die geschehen sind. Dies nicht zu zeigen bedeutet, es woanders zu sehen und zwar unkommentiert und nicht journalistisch eingebettet und bearbeitet.
Ist das sinnvoller und sollen wir jetzt nur noch weggucken in den öffentlich-rechtlichen Medien?
Welche Rolle spielen Kameras?
Vor allem der Gedanke von Frau Klonk, dass die Kameras die Voraussetzung für die Ermordung sind, halte ich für abwegig. Das würde ja im Umkehrschluss bedeuten ohne Kameras hätte es die Ermordungen nicht gegeben.
Sorry Frau Klonk, das kann ich absolut nicht nachvollziehen.
Ich bin Krimifan von Sherlock Holmes über Erik Ode und Co. bis zu Stieg Larsson. Aber das ist ja heute schon fast jugendfrei. So habe ich mich bei der ARD wegen anderer Sendungen beschwert, weil dort Krimis gezeigt wurden, bei denen die Mörder die Opfer zersägen, zerschneiden und vieles mehr und dies quasi vor laufender Kamera. Da schrieb man mir sinngemäß zurück, dass auch öffentlich-rechtliche Sender dem Publikumsgeschmack entsprechen müssten.
Macht und Ohnmacht
Die Macht der Bilder bzw. die Ohnmacht der Bilder für politische Prozesse ist ein Thema über das man gut diskutieren kann. Dazu gab es ja schon gute Ausstellungen und Diskussionen.
Es gibt dazu auch von Kriegsberichterstattern viele verschiedene Auffassungen. Aus Tschetschenien kamen einige zurück und fragten sich, ob es sich überhaupt noch lohnen würde, dieses Elend zu dokumentieren. Aber umgekehrt haben die Familien der Opfer vielfach nichts ausser der Dokumentation der Reporter.
Und wer den Film über James Nachtwey gesehen hat, der versteht wie wichtig so etwas – leider – ist.
Das ganze Thema ist grausam und zeigt einen Teil von uns, den wir nicht so gerne sehen. Aber weggucken oder sogar nicht mehr dokumentieren in der Konsequenz?
Man muss den Mut und den Kampf um Demokratie täglich neu erfinden. Und die Welt wird durch die Bilder konkreter und auch Werte wie Demokratie werden deutlicher.
Gewaltschwellen und Medienkompetenz
Ich glaube, dass die Diskussion über die Macht der Bilder und die Ansprüche an eine gute journalistische Berichterstattung neu geführt werden muss im digitalen Zeitalter. Dazu gehört auch die Frage, sind Journalisten zukünftig auch oder nur noch Content-Manager?
Insofern ist der Artikel von Frau Klonk ein guter Beitrag, da sonst dieser Artikel hier nicht entstanden wäre.
Aber ihre Ansichten kann ich nicht teilen, zumal es hier um keine wissenschaftliche Frage geht sondern um die Frage von Information, Transparenz, Demokratie, Einfluss und Berichterstattung. Es ist richtig, dass die Veröffentlichung solcher Szenen das Blutvergießen nicht stoppt. Dies beinhaltet aber doch nicht den Schluss, es nicht zu veröffentlichen. Vielmehr geht es darum, dies journalistisch aufbereitet zu tun.
Und aus diesem Grund hat das Heute-Journal richtig gehandelt, vielleicht sogar noch zu wenig gezeigt.
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